Thema: Schulleitung
Susanne Schäfer 04.03.2018, 15.34 | (13/5) Kommentare (RSS) | PL
Susanne Schäfer 28.07.2017, 06.36 | (13/1) Kommentare (RSS) | PL
Susanne Schäfer 05.03.2017, 07.59 | (19/6) Kommentare (RSS) | PL
In den letzten Wochen stoße ich vermehrt auf Berichte (wie diesen) nahezu verzweifelter, überforderter und frustrierter Kolleginnen und Kollegen, die die Verhältnisse in unseren Schulen darlegen, offenlegen und anprangern.
Es scheint vieles nicht rund zu laufen in unserem derzeitigen Bildungssystem und der beinahe schon verzweifelte Schrei nach Gehör an den richtigen Stellen, wird nicht ernst- oder gar nicht erst wahrgenommen.
Neben der vielerorts verständlichen Frustration der Kolleginnen und Kollegen sind es jedoch die Kinder, die „auf der Strecke bleiben“ und die – neben den Kollegen – es verdienen, in den Fokus gerückt zu werden.
Sechs Kinder meiner Klasse haben einen eindeutigen und vor allem deutlich sichtbaren erhöhten Förderbedarf.
Das ist die Realität.
Sichtbar und erkennbar sogar ohne jegliche offizielle Verfahren.
Diese wurden nach Beantragung aber auch abgelehnt. Eine Überprüfung des sonderpädagogischen Förderbedarfs wurde abgelehnt mit der Begründung:
„Fördermöglichkeiten der Grundschule wurden noch nicht ausgeschöpft!“
Faktisch bedeutet das: In meine Klasse geht kein Kind mit einem erhöhtem Förderbedarf.
Für die Statistik des Schulamtes mag das sehr nützlich sein – für diese Kinder jedoch nicht.
Jeder Mensch, der eine Nasennebenhöhlenentzündung hat geht zum HNO Arzt, mit einem entzündeten Blinddarm wählt man den Chirurgen. Sieht man schlecht hilft der Gynäkologe nicht wirklich weiter…..
Nur im Bildungsbereich werden die Kinder zu Versuchskaninchen degradiert und müssen mit einer Lehrerin Vorlieb nehmen, die weder über die entsprechende Profession verfügt, noch über die entsprechenden Hilfsmittel.
Weil nicht sein darf, was nicht sein soll.
Da diese Kinder ja offiziell gar keinen erhöhten Förderbedarf haben, benötigen sie offiziell ja auch keine entsprechende Förderung und das ist ein Vergehen an jedem einzelnen dieser Kinder.
Als Schulleitung darf man nun den Spagat machen und trotz Erkennen und Durchschauen der untragbaren Situation, das Team ermutigen, weiterzumachen, die Kolleginnen und Kollegen in ihrer Arbeit bestärken und unterstützen und versuchen, die Frustration auf ein erträgliches Maß zu minimieren.
Öffentliches Darlegen der realistischen Situation ist unerwünscht und die Konsequenzen für Schulleitungen nicht immer angenehm, um nicht zu sagen sehr unangenehm.
Wie oft wurde mir nun schon gesagt, ich habe die Inklusion nicht wirklich verstanden?
Ohne, dass je jemand dieser Menschen an unserer Schule war oder in meinem Unterricht.
Als Schulleitung, so erwartet man, hat man loyal zu sein und das wird leider häufig gleichgesetzt mit unkritisch.
Aber ist nicht genau das Aufgabe von Schulleitung? Kritisch zu hinterfragen, Kollegen den Rücken zu stärken, für bessere Bedingungen zu kämpfen und für jedes einzelne Kind der Schule das Bestmögliche zu fordern und zu ermöglichen?
So jedenfalls habe ich meine, unsere, Aufgabe immer verstanden.
Ich gehöre nicht zu den Frustrierten. Ich leide auch nicht an Burnout, bin nicht verzweifelt und fühle mich auch nicht überarbeitet oder überlastet.
Aber nur, weil ich meine Grenzen akzeptiere und anerkenne, dass ich nicht die Arbeit einer Sonderpädagogin leisten kann.
Aus dem einfachen Grunde, weil ich keine bin.
Das bedeutet, damit zu leben, dass einige Kinder nicht optimal gefördert werden können.
Nicht durch mich, nicht mit der größtmöglichen Anstrengung, nicht mit ganz viel Fleiß, Motivation und Ausdauer.
Im Grunde muss ich mich nicht sorgen, denn diese Kinder haben ja allesamt offiziell keinen erhöhten Förderbedarf.
Was spielt es da für eine Rolle, dass ein Kind sich nicht selbstständig anziehen oder den Toilettengang nicht selbstständig ausführen kann? Was spielt es für eine Rolle, dass das Kind nicht in der Lage ist verständlich zu sprechen, wenn es doch offiziell gar keinen Förderbedarf „Sprache“ hat?
Alles ist gut – offiziell – nur wer fragt nach den Kindern?
Ich gehe jeden Morgen gerne in meine Klasse, weil es eine unglaublich tolle Lerngruppe ist, die mich jeden Tag Neues lehrt, die mich weiterbringt, mich reflektieren lässt, mich schmunzeln und glücklich sein lässt.
Und ich gehe jeden Tag in der Überzeugung, mein Bestes zu geben.
Das Beste jedoch wird nicht reichen, das ist mir bewusst, und deshalb kämpfe ich für diese Kinder, die Besseres verdient haben.
Und für ein Team, das ebenfalls Besseres verdient hat.
Die letzten Schulleitungsjahre waren geprägt von der Aufforderung: „Gehen Sie kreativ mit der Situation um!“
Dieser Aufforderung komme ich gerne nach, doch Kreativität kann nicht die Lösung der Probleme sein, die wir derzeit im Bildungssystem tragen müssen.
Kreativ sind wir alle und zwar jeden Tag aufs Neue und dennoch hilft uns das nicht dabei, jedem Kind gerecht zu werden.
Mir fehlt der Aufschrei der Eltern, deren Kinder darunter zu leiden haben, mir fehlt der realistische Blick hinter die Kulissen, mir fehlt das Rückenstärken der Obrigkeit und mir fehlt die Zauberkraft, uns alle mit den nötigen Fähigkeiten, den nötigen Kompetenzen, dem nötigen Mut und der nötigen Hoffnung auszustatten, um wirklich alles gut werden zu lassen.
Für jedes einzelne Kind.
Das, was ich einbringen kann und täglich einbringe ist die Überzeugung, dass wir hervorragende Arbeit leisten, ich kann meine Leidenschaft, mein Herz und meinen Willen einbringen, immer wieder neu zu reflektieren, zu evaluieren und zu schauen, wo wir wie bessere Wege finden können. Ich kann meine Fähigkeiten nutzen, um Dinge zu verändern, die durch mich - durch uns - veränderbar sind.
Ich kann das Team in seinem Tun bestärken, unsere Schule unseren Möglichkeiten gemäß bestmöglich ausstatten, die Rahmenbedingungen in unserem kleinen System optimieren, den Blick auf das Positive stärken und ich kann lernen, gelassener zu werden.
Gelassenheit im Hinblick auf die Dinge im System, die ich nicht ändern kann. Gleichzeitig kann ich versuchen, mutig genug zu sein, um kritisch zu reflektieren und zu hinterfragen und um das zu ändern, was ich ändern kann.
Und ich kann meine Stimme erheben und mich nicht scheuen, unbequem zu sein.
In aller Konsequenz!
Susanne Schäfer 18.02.2017, 10.48 | (60/46) Kommentare (RSS) | PL
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